23.07.2024 - München
Der Ministerrat hat in seiner Sitzung am 25. Juni 2024 den Entwurf eines Ersten Modernisierungsgesetzes Bayern gebilligt und die Bayerische Staatskanzlei beauftragt, die Verbandsanhörung durchzuführen. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau hat gemeinsam mit den mitzeichnenden Verbänden VPI Bayern und VBI Bayern eine Stellungnahme zu den geplanten Änderungen der Bayerischen Bauordnung nach § 12 des Entwurfs des Ersten Modernisierungsgesetzes Bayern abgegeben.
In seiner Regierungserklärung vom 13. Juni 2024 hatte Ministerpräsident Dr. Markus Söder die Eckpunkte für den Abbau unnötiger bürokratischer Hemmnisse und für die Beschleunigung privater und staatlicher Initiativen angekündigt. Am 25. Juni 2024 hat der Ministerrat dazu nun zentrale Vorhaben mit Schwerpunkten auf dem Bau- und Vergaberecht auf den Weg gebracht.
Im Rahmen der Verbandsanhörung hat die Bayerische Ingenieurekammer-Bau gemeinsam mit den mitzeichnenden Verbänden VPI Bayern und VBI Bayern die folgende Stellungnahme zu den geplanten Änderungen der Bayerischen Bauordnung nach § 12 des Entwurfs des Ersten Modernisierungsgesetzes Bayern abgegeben.
Bayerische Staatskanzlei
Franz-Josef-Strauß-Ring 1
80539 München
Erstes Modernisierungsgesetz Bayern - Verbandsanhörung
23.07.2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bayerische Ingenieurekammer-Bau dankt der Staatskanzlei für die Gelegenheit, sich zu dem Entwurf für das Erste Modernisierungsgesetz Bayern äußern zu dürfen. Zusammen mit den mitzeichnenden Verbänden beschränkt sich die Stellungnahme auf geplante Änderungen der Bayerischen Bauordnung nach § 12 des Entwurfs.
Nr. 1a) Gebäudeklasse 4
Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BayBO soll dahin geändert werden, dass die bisherigen Bedingungen, unter denen ein Gebäude der Gebäudeklasse 4 zugerechnet wird („Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m2“), um die weiteren Voraussetzungen „oder Teile von Nutzungseinheiten, die durch Außen- oder Trennwände nach Art. 27 Abs. 2 Nr. 1 begrenzt sind und über von anderen Teilen unabhängige Rettungswege nach Art. 31 Abs. 1 verfügen“ ergänzt werden. Erhofft wird sich daraus mehr Flexibilität, weil Nutzungseinheiten, welche größer als 400 m² sind und bislang unter die Gebäudeklasse 5 fallen, durch Bildung von Teilen dieser Nutzungseinheiten nunmehr der Gebäudeklasse 4 zuzuordnen sind, sofern die weiteren neu hinzugekommenen Anforderungen (Außen- bzw. feuerbeständige Trennwände) eingehalten sind und die so entstandenen Teil-Nutzungseinheiten ihrerseits die Größe von 400 m² nicht übersteigen. Die Auswirkungen dieser Änderung fällt nach Überzeugung der unterzeichnenden Verbände eher marginal aus, denn sie betrifft eben nur Teile von Nutzungseinheiten, und das auch nur, wenn deren Trennwände feuerbeständig sind. In der Regel werden dann aber vielfach eigenständige Nutzungseinheiten vorliegen, so dass der Flexibilitätsgewinn überschaubar bleibt. Umgekehrt lässt die Neufassung auch die Interpretation zu, dass die zusätzlichen Voraussetzungen nicht nur für die Teile von Nutzungseinheiten greift, sondern auch für vollständige Nutzungseinheiten bis 400 m². Das würde dann zu einer weiteren Marginalisierung des Anwendungsbereichs der Gebäudeklasse 4 führen. Hinzu kommt, dass die Frage, ob die zusätzlichen Anforderungen erfüllt werden, für den Bauwilligen ohne Expertenhilfe nicht mehr beurteilt werden kann, während bislang die Feststellung der Gebäudehohe oder der Größe der Nutzungsfläche vergleichsweise einfach möglich war. Wenn die zielsetzende Überschrift des Gesetzentwurfes mit „Deregulierung und Entbürokratisierung“ bestehen bleiben soll, empfehlen die unterzeichnenden Verbände, § 12 Nr. 1a des Entwurfs zu streichen.
Stattdessen wird angeregt, den Begriff der Nutzungseinheit, der in der Bayerischen Bauordnung umfangreich Verwendung findet, legal zu definieren, um der Praxis eine klare und eindeutige Hilfestellung an die Hand zu geben, wie der Begriff zu verstehen ist, ohne auf Kommentierungen oder Rechtsprechungsdatenbanken zurückgreifen zu müssen.
Nr. 1b) cc) bis ff)
Die Auflistung der Sonderbauten in Art. 2 Abs. 4 BayBO soll nach Beschränkung der bisherigen Nr. 8 auf Gaststätten um zwei weitere Einzelfälle mit den Ziffern 9 und 10 erweitert werden, die bisherigen Ziffern 9 bis 14 sollen die Nrn. 11 bis 16 werden, die bisherige Nr. 15 aufgehoben und die bisherigen Nrn. 16 bis 20 künftig die Nrn. 17 bis 21 werden. Die damit verbundene Zuordnung von alten Katalogfällen zu neuen Ziffern erschwert beim Bauen im Bestand, das sich immer mehr als künftiger Anwendungsschwerpunkt der Bauordnung herausschält, den Umgang mit bestehenden Akten, Urteilen und Unterlagen, in denen die frühere Ziffernfolge angewandt wird, welche sich mit der künftigen nicht mehr deckt. Damit wird das Gegenteil von Entbürokratisierung erreicht, denn ohne Abgleich mit der jeweils zugrunde liegenden Fassung der BayBO lässt sich nicht mehr erkennen, welchen Fall das jeweilige Dokument anspricht. Die unterzeichnenden Verbände plädieren deshalb für die Beibehaltung der bestehenden Ziffernfolge und schlägt vor, die „Beherbergungsstätten mit mehr als 30 Betten“ und „Spielhallen mit mehr als 150 m²“ als weitere Unterpunkte unter Ziffer 8 mit Buchstaben d) und e) aufzunehmen.
Nr. 7 Gebäudeaufstockung
Die Idee, bei der erstmaligen Aufstockung eines bestandsgeschützten Gebäudes auf bestehende Bauteile die Art. 25 bis 29 und 32 bis 34 nicht anzuwenden und im Bereich der Aufstockung die Anforderungen an die bisherige Gebäudeklasse gelten zu lassen, führt nur scheinbar zu einer Verfahrenserleichterung. Denn sie schafft Unklarheiten für die Zukunft, weil bei späteren Umbaumaßnahmen nicht mehr feststellbar ist, ob der bestehende Zustand noch vom dem aus dem neuen Art. 46 Abs. 6 BayBO getragenen Bestandsschutz getragen ist oder ob dieser Zustand bereits von Beginn an bauordnungswidrig entstanden ist, wenn die Tatsache der nachträglichen Aufstockung nicht mehr bekannt ist. Die Frage nach dem Bestandsschutz wird dadurch unnötig auf den (späteren) Eigentümer verlagert. Zu warnen ist auch vor der Möglichkeit, für bestehende Bauteile die Anforderungen der höheren Gebäudeklasse nicht anzuwenden und für Bauteile im Bereich der Aufstockung nur auf die Anforderungen abzustellen, die sich aus der bisherigen Gebäudeklasse ergeben. Denn dies hätte zur Konsequenz, dass das ehemalige Dach, welches nun zur Geschossdecke wird, keinen Feuerwiderstand besitzt.
Ungeachtet dessen müsste für die Anwendung des Art. 62a (Standsicherheitsnachweis) in jedem Fall die Gebäudeklasse aus der Gesamthöhe des aufgestockten Gebäudes nach Art. 2 Abs. 3 herangezogen werden. Für das Ziel, im Bestand zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, bedarf es der vorgeschlagenen Neuregelung indes überhaupt nicht. Denn die sich aus der Zuordnung zur höheren Gebäudeklasse ergebenden höhere Anforderungen, die bei bestehenden Bauteilen nachträglich kaum oder nur sehr schwer umsetzbar sind, wie die Entwurfsbegründung durchaus zutreffend feststellt, lassen sich bereits heute über das Instrument der Abweichungen nach Art. 63 BayBO beherrschen. Eine als Modernisierungsgesetz bezeichnete Initiative, die sich der Deregulierung und Entbürokratisierung verpflichtet sieht, sollte keine Vorschriften schaffen, die Probleme bereitet, anstatt sie zu lösen, wie es bereits mit den bestehenden Vorschriften möglich wäre. Die Staatsregierung sollte Planer und Genehmigungsbehörden ermuntern, das bestehende Instrumentarium zur Schaffung von Wohnraum im Bestand stärker zu nutzen.
Nr. 9 a) kk) Dachgeschossausbau
Die vollständige Verfahrensfreiheit von Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken einschließlich der Errichtung von Dachgauben, wenn die Dachkonstruktion und die äußere Gestalt des Gebäudes im Übrigen nicht verändert werden, durch Einfügung der vorgeschlagenen neuen Nr. 17 in Art. 57 Abs. 1 BayBO wird entschieden abgelehnt. Maßnahmen des Dachgeschossausbaues in vorhandenen Dachräumen führen regelmäßig zur Erkenntnis, dass im Bestand vielfältige Mängel im Bereich des Treppenraumes vorhanden sind, wie zum Beispiel unzureichender Feuerwiderstand der Treppenraumwände im bislang nicht ausgebauten Dachraum, fehlender Feuerwiderstand des oberen Treppenraumabschlusses im Dachraum, fehlende Rauchableitungsöffnungen an oberster Stelle im Treppenraum oder das Hinwegführen von brennbaren Bauteilen über Treppenraumwände als Brandwand, um nur die häufigsten Auffälligkeiten zu benennen. Bautechnische Anforderungen an die zukünftige Zwischendecke sind zu bewerten. Völlige Verfahrensfreiheit begründet das hohe Risiko der Missachtung der materiellen / technischen Anforderungen an die Standsicherheit (Art. 10) und den Brandschutz (Art. 12 BayBO). Für eine derart weitreichende Freigabe, deren Risiko im Fall der Vermietung nicht einmal durch den Bauherrn zu tragen ist, widerspricht der grundsätzlichen Zielsetzung der auf Vorbeugung ausgerichteten Bauordnung. Die unterzeichnenden Verbände empfehlen, den Dachgeschossausbau ebenso wie die Instandsetzungsarbeiten (Nr. 9 c) aa) bbb) unter die in Art. 57 Abs. 3 BayBO geführten verfahrensfreien Vorhaben zu listen und für sie ebenfalls die dort genannten Vorschriften für entsprechend anwendbar zu erklären. Zudem wird es für geboten erachtet, im Rahmen von Art.62a die neue Nutzungsebene im Dachgeschoss bei der Einstufung der Gebäudeklasse nach Art. 2 Abs.3 zu berücksichtigen.
Nr. 9 c) bb) Instandsetzungsarbeiten
Begrüßt wird, dass Instandsetzungsarbeiten geringere Verfahrensanforderungen erfüllen müssen. Vielfach wird es dabei um Betonsanierungen, z.B. in Tiefgaragen, gehen. Diese Maßnahmen berühren regelmäßig Bauteile mit tragender Funktion und folglich die Standsicherheit des betroffenen Gebäudes. Daher ist es folgerichtig, insoweit auch die Anforderungen an den Standsicherheitsnachweis, aber auch an den Brandschutz, aufrechtzuerhalten. Allerdings halten die unterzeichnenden Verbände eine Abweichung von der Regelanwendung des Art. 62a unter Berücksichtigung des Sonderbaukriteriums für fachlich nicht begründbar, weshalb es unverzichtbar ist, in Art. 57 Abs. 3 Satz 3 BayBO auch den Art. 62a Abs. 2 Satz 2 in Bezug zu nehmen.
Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau ist im Bayerischen Lobbyregister eingetragen (Lobbyregister-ID: DEBYLT009B). Geschäftsgeheimnisse oder andere im Einzelfall ähnlich schutzwürdige persönliche Informationen in den übermittelten Unterlagen stehen einer Veröffentlichung nicht entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Bayerische
Ingenieurekammer-Bau | VPI Bayern
e. V. | VBI Bayern
e.V. |
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Gesetzentwurf der Staatsregierung vom 02.07.2024 - Erstes Modernisierungsgesetz Bayern
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