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Bundeskabinett beschließt Reform des Baugesetzbuchs (Baugesetzbuchnovelle)

Leichter Bauen auf eigenem Grund und Boden, Verdrängungsschutz für Mieter, grünere Städte und Dörfer

04.09.2024 - Berlin

Bundeskabinett beschließt Reform des Baugesetzbuchs (Baugesetzbuchnovelle)

Das Bundeskabinett hat am 4. September 2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung (Baugesetzbuchnovelle) beschlossen. Das Gesetzgebungsverfahren ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig und soll bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Die Bau- und Immobilienverbände begrüßen besonders, dass § 246e BauGB nun befristet bis zum 31.12.2027 gelten soll, äußern jedoch auch Kritik.

Dazu Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen:

"Dieses überarbeitete Baugesetzbuch ist systematischer, effizienter und moderner. Es greift das auf, was die Menschen in ihrem Zuhause bewegt. Es macht das Wohnen, Bauen und Leben in Stadt und Land besser. Wer noch einen großen Selbstversorgergarten hat und Kinder und Enkel, die den Traum vom Eigenheim verwirklich wollen, kann mit der neuen Hinterlandbebauung das jetzt für die Familie häufiger möglich machen. Künftig sollen in Gebieten, wo Wohnungen schwer zu bekommen sind, Gebäude leichter erweitert werden können, insbesondere durch Aufstockung, im ganzen Quartier, aber auch stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden muss. 

Viele Mieter, gerade in den Großstädten, sorgen sich vor der Umwandlung ihrer Wohnung in eine Eigentumswohnung. Der Umwandlungsschutz wird deshalb verlängert. Wir fördern das Wohneigentum und schützen die Mieter vor Verdrängung. Wir machen es schwerer, wenn z.B. alle Eigentumswohnungen in einem Vertrag verkauft werden und damit de facto das Grundstück als Ganzes. Künftig kann die Gemeinde dann in diesem Fall ein bestehendes Vorkaufsrecht nutzen.

Wir sorgen außerdem für mehr Tempo beim Planen und Bauen. Mit der Sonderregelung im 246e BauGB wird der Wohnungsbau in angespannten Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt, in dem kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden muss. Bebauungspläne dürfen auch nicht mehr Jahre dauern. Künftig sollen sie innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Beteiligungsverfahrens vorliegen. Umweltberichte sollen kürzer werden, um auch hier wertvolle Zeit zu sparen.

Wir begrünen unsere Städte, helfen, Flächen zu entsiegeln, und schützen so die Menschen vor schlimmen Hitzetagen und Überflutungen indem wir die Fassadenbegrünung leichter ermöglichen und künftig Fristen einführen, bis wann die Bauträger die Hecke gepflanzt oder die Versickerungsmaßnahme vorgenommen haben müssen. Zu lebenswerten Städten gehört auch Kultur. Musikclubs sind Kultur. Mit der Novelle des Städtebaurechts führen wir eine eigene Nutzungskategorie für sie ein. Sie können jetzt leichter z.B. in Gewerbegebieten errichtet bzw. von dort nicht mehr so leicht verdrängt werden. Diese Neuregelungen werden Städte und Dörfer lebenswerter und schneller und einfacher neuen Wohnraum möglich machen."

Die wichtigsten Neuerungen der BauGB-Novelle

Bauturbo

Es wird eine Sonderregelung nur für den schnelleren Wohnungsbau geschaffen. Mit dem § 246e BauGB wird der Wohnungsbau in angespannten Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt, in dem kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden muss. Solchen Vorhaben muss jede Kommune, in der darüber diskutiert wird, zustimmen. Der Bauturbo wird noch einmal im Rahmen der BauGB-Novelle eingebracht. Neu ist, dass die jetzige Regelung eine längere Befristung bis 2027 vorsieht.

Aufstockungen

Künftig sollen Erweiterungen von Gebäuden überall und nicht mehr nur in angespannten Wohnungsmärkten möglich sein, insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden muss (vgl. § 31 Absatz 3 BauGB). Bisher es diese Möglichkeit nur im Einzelfall.

Innenentwicklung

Es soll leichter verdichtet gebaut werden können, d.h. in zweiter Reihe auf dem Grundstück oder auf Höfen. Besitzt also eine Familie einen großen Garten, der Platz für ein zweites Haus lässt, können die Kinder künftig schneller und einfacher ein eigenes Haus auf diesem Grundstück errichten. Bisher scheitert das daran, dass eine solche verdichtete Bebauung häufig nicht dem bisherigen Charakter des Quartiers entspricht.

Sozialer Flächenbeitrag

Mit Hilfe der sogenannten Baulandumlegung können Gemeinden bis dahin nur schlecht nutzbare Grundstücke entsprechend der Vorgaben eines Bebauungsplans und nach Maßgaben des BauGB neugestalten oder vorbereiten. Dieses Instrument soll genutzt werden, um auf mehr Flächen sozialen Wohnraum zu schaffen. So soll bei der Baulandumlegung ein sozialer Flächenbeitrag eingeführt werden (§ 58a BauGB). Das heißt konkret: Ergibt sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Ergebnis einer Baulandumlegung ein Anspruch der Gemeinde gegen die Eigentümer auf Wertausgleich in Geld, soll sie statt des Geldes eine Fläche verlangen können. Dann muss sie sich jedoch dazu verpflichten, auf dieser Fläche sozialen Wohnungsbau zu errichten. Wertmäßig ändert sich für die Eigentümer dadurch nichts. Eigentümer profitieren weiterhin, denn sie erhalten durch die Umlegung besser nutzbares Land.

Stärkung der kommunalen Vorkaufsrechte

Kommunale Vorkaufsrechte nach BauGB können zukünftig ausgeübt werden, wenn alle Eigentumswohnungen auf einem Grundstück in einem gemeinsamen Kaufvertrag verkauft werden sollen.

Musikclubs

Mit der großen Novelle des Städtebaurechts soll eine eigenständige, neue Nutzungskategorie der "Musikclubs" in die Baunutzungsverordnung eingeführt werden. Zur weiteren städtebaulichen Hervorhebung der Musikclubs wird zudem vorgeschlagen, eigenständige Gebiete für Musikclubs ausdrücklich in den Katalog der Sondergebiete nach § 11 Absatz 2 BauNVO aufzunehmen, um den Gemeinden deren planerische Sicherung zusätzlich zu erleichtern. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Musikclubs ein wichtiges Element des kulturellen Lebens sind und daher einen kulturellen Bezug aufweisen.

Umwandlungsschutz

Das Instrument des Umwandlungsschutzes nach § 250 BauGB wird bis Ende 2027 verlängert. Damit können die Länder in besonders ausgewiesenen Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt einen Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einführen.

Fristen für die Bauleitplanung

Die Aufstellung von Bebauungsplänen dauert häufig mehrere Jahre. Künftig sollen die Gemeinden Pläne im Regelfall innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Beteiligungsverfahren veröffentlichen.

Umweltprüfung und Umweltbericht

Der Umfang des Umweltberichts soll künftig auf einen angemessenen Umfang im Verhältnis zur Begründung des Bebauungsplans beschränkt werden. Die Prüftiefe soll konzentriert werden auf diejenigen Belange, die tatsächlich auf der abstrakten Planebene (ohne konkretes Vorhaben) bewertbar sind.

Innovationsklausel

Veraltete Bebauungspläne sollen künftig schneller aktualisiert werden können ("Innovationsklausel"). Grundsätzlich findet auf einen Bebauungsplan die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in der Fassung Anwendung, die zum Zeitpunkt der Planaufstellung galt. Verbesserungen in der BauNVO wirken daher immer nur für die Zukunft, es sei denn, die Gemeinde ändert den Plan förmlich. Für diese Änderung eines Bestandsplans auf die jeweils aktuelle BauNVO dient künftig auch das sog. vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB, in dem auf eine Umweltprüfung verzichtet und Beteiligungsverfahren gestrafft werden können.

Digitalisierung

Die Bekanntmachungen, z. B. zu Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, werden zukünftig digital veröffentlicht. Die Teilhabemöglichkeit von Menschen ohne Internetzugang wird weiterhin sichergestellt.

Stärkung der Klimaanpassung

Künftig sollen die Kommunen im Zuge der Erteilung des Baurechts z. B. die Schaffung von dezentralen Versickerungsanlagen auf einem Grundstück anordnen können oder auch die Anlage eines Gründaches. Insbesondere soll eine solche Möglichkeit auch für den sog. unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) geschaffen werden, in dem sich ein Großteil des Bauens abspielt. Dort kommt es bisher allein darauf an, dass sich das neue Gebäude in die umgebende Bebauung einfügt. Flächen sollen zudem künftig leichter multifunktional genutzt werden (z. B. ein Sportplatz zugleich als Retentionsfläche).

Beschleunigung Windenergie und Geothermie

Die Regelungen für die Ausweisung von Windenergiegebieten werden weiterentwickelt. Zudem wird eine ausdrückliche Außenbereichsprivilegierung für Geothermie eingeführt, u.a. um die Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu unterstützen. D.h. Geothermie-Anlagen können künftig dann auch da gebaut werden, wo noch kein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt bzw. auch außerhalb von Ortsteilen.

Pflanz- und Maßnahmengebot: Stärkung durch Begrünung

Bauherren müssen zukünftig innerhalb einer bestimmten Frist den zuständigen Behörden mitteilen, dass sie sogenannte Ausgleichsmaßnahmen, z. B. das erforderliche Pflanzen von Bäumen oder die Begrünung von Dächern, umgesetzt haben (vgl. § 135a BauGB). Die Anzeigepflicht führt zu weniger Verwaltungsaufwand der Gemeinde im Rahmen der Prüfung der Umsetzung. Das "Grün" im Baugebiet wird verlässlich umgesetzt.

Das Gesetzgebungsverfahren soll im Bundestag bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.

Weitere Informationen

https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/Webs/BMWSB/DE/2024/09/baugb-novelle.html

Quelle: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Fotos: Wofgang Filser (Wolfilser) / AdobeStock, Henning Schacht / BMWSB


Kommentare

Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e. V. (BDB): § 246e BauGB als wirksames Mittel gegen angespannte Lage im Wohnungsbau

Am 4. September hat das Bundeskabinett dem Druck des BDB und vielen weiteren aus der Bau-, Planungs- und Immobilienbranche Engagierten nachgegeben und die erst kürzlich als Referentenentwurf veröffentlichte Novelle des BauGB um einen wichtigen Hebel erweitert. Der BDB begrüßt ausdrücklich, dass der lang angekündigte § 246e BauGB nun befristet bis zum 31.12.2027 Teil der BauGB Novelle wird. Dieser ist nicht nur geeignet, Kommunen die nötige Flexibilität im Umgang mit angespannten Wohnraumsituationen an die Hand zu geben, sondern kann auch wichtiger Hebel für durchdachte Stadtplanung werden.

Für den BDB ist klar; der neue Paragraf ist als Teil des lange versprochenen Bau-Boosters nicht im Alleingang geeignet, die Wohnraumlage bundesweit zu entspannen.

Sehr gut geeignet ist er aber, insofern handwerklich gut gemacht, um im Einzelfall Spielräume aufseiten der Kommunen zu eröffnen. Die Ausweisung neuer Flächen kommt nur infrage, wenn das in Rede stehende Gebiet an bereits besiedelte Flächen angrenzt. Die Sorge vor Trabantenstädten auf der grünen Wiese ist somit unbegründet.

Der BDB plädiert im Zusammenhang mit der Anwendung von § 246e BauGB für ein Baugebot. Dies sollte unerwünschter Bodenspekulation vorbeugen. Der BDB setzt sich im Zuge des neuen § 246e BauGB für einen sensiblen Umgang aufseiten der Bauaufsichtsbehörden ein, da sie mit dem neuen Paragrafen einen scharfen Pfeil im Köcher haben, dessen Gebrauch eine umsichtige Prüfung in jedem Einzelfall voraussetzt. Wichtig ist jedoch, dass die gute Arbeit der Bauaufsichtsbehörden nicht unter einen Generalverdacht der Verantwortungslosigkeit gestellt wird.

Quelle: Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e. V. (BDB)

Hauptverband der Deutschen Bauindustrie: Gut gemeint – aber noch nicht ausreichend

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, zur Verabschiedung der Baugesetzbuch-Novelle im Bundestag:

„Der heute beschlossene Entwurf zur Novellierung des Baugesetzbuches beweist, dass gut gemeint noch nicht ausreichend ist. Der Wohnungsbau und mit ihm hunderttausende Mieterinnen und Mieter warten auf den großen Wurf, der ausreichend Wohnraum schafft. Der Entwurf, den das Kabinett heute verabschiedet hat, schafft aber leider nicht umfänglich, was für den Markt dringend notwendig wäre.

Dabei steuern wir auf das schwächste Genehmigungsniveau seit dem Jahr 2010 zu. Auch im Juni ist die Zahl der genehmigten Wohnungen erneut zweistellig zurückgegangen, zum 21. Mal in Folge. Positiv ist, dass die Bundesregierung unseren Empfehlungen für einfacheres Bauen, wie etwa die für den Flüchtlingsbau geschaffenen Sonderregeln auf den Mietwohnungsbau auszuweiten, gefolgt ist. Hier wäre eine Entfristung nach 2027 sinnvoll.

Die Pflicht, für jeden Neubau entsprechenden Parkraum zur Verfügung zu stellen, ist jedoch nicht mehr zeitgemäß und treibt die Wohnungsbaukosten-Spirale weiter nach oben. Für den Bau-Turbo brauchen wir endlich einen Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen. Eine ausreichend ausgestattete, einfache und verlässliche Förderkulisse sowie bauplanungsrechtliche Möglichkeiten (Maß der baulichen Nutzung), einfach aufzustocken, zu verdichten sowie serielles und modulares Bauen zu erleichtern, sind das Mindestmaß, an dem wir die Bundesregierung weiter messen werden.“

Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.: Chancen auf Nachverdichtung bringen deutliche Fortschritte

Die Pläne der Bundesregierung für die Novelle des Baugesetzbuchs versprechen aus Sicht der Immobilienwirtschaft mehr Tempo und mehr Flexibilität fürs Bauen in Deutschland. „Der immer dramatischere Wohnungsmangel schreit schon lange nach einer kraftvollen Lösung. Wir freuen uns, dass nach jahrelangen total ermüdenden Debatten endlich eine echte Novelle des Baugesetzbuches kommt“, kommentiert ZIA-Präsidentin Iris Schöberl den heutigen Kabinettsbeschluss. „Wir brauchen in diesem Land dringendst riesige Schritte nach vorn, um ganz schnell viel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen – es könnten jetzt immerhin ein paar ziemlich große Schritte kommen.“

Schöberl betont: „Wohnungsmangel darf nicht auch noch zu einem Thema werden, das die Spaltung in dieser Gesellschaft verstärkt. Deswegen ist diese Novelle weit über die Arbeitsfähigkeit unserer Branche hinaus wichtig – für den Zusammenhalt im Land.“ Die ZIA-Präsidentin kündigt an, die Immobilienwirtschaft werde bei den Bundestagsabgeordneten dafür kämpfen, „bei diesem Gesetz das ganze Potenzial auszuschöpfen“. Das sei „der ernsten Lage angemessen“.

Kernpunkte der Novelle aus Sicht der Immobilienwirtschaft: In wachsenden Ballungsräumen werden so genannte Nachverdichtungen ermöglicht. Konkret: Es können brachliegende Grundstücke schneller genutzt und Dachgeschoss-Aufbauten schneller realisiert werden. Der ZIA appelliert nun an die Gemeinden, sich der „neuen Offenheit“ nicht durch starre Regelungen zu verweigern“. Insgesamt werden durch die Pläne der Bundessregierung die Regeln fürs Aufstellen von Bauleitplänen modernisiert und „entrümpelt“ – wenn auch nicht mit der nötigen Konsequenz.

Die Lage ist ernst: Die Neubaulücke beläuft sich jetzt auf etwa 600.000 Wohnungen; die Zahl könnte auf bis zu 830.000 im Jahr 2027 steigen. „Das schreit – manchmal sogar buchstäblich – nach weit gehenden Veränderungen“, sagt Schöberl.

ZIA-Präsidentin Schöberl zeigt sich erfreut, „dass auf der Zielgeraden der Vorbereitung für die heutige Kabinettsentscheidung noch einmal nachgelegt“ und durch Änderungen im Paragrafen 246 neue Möglichkeiten eröffnet werden. „Die Bauministerin hat hier gekämpft, und es hat sich gelohnt“, sagt Schöberl. „Der letzte Mut hat allerdings am Ende gefehlt. Wir hatten uns gewünscht, dass die Extra-Freiräume, die wir 2015 für den Bau von Flüchtlingsunterkünften geschaffen haben, vorbehaltlos auf die gesamte Schaffung von Wohnraum ausgeweitet werden.“ So weit will die Regierung nach den heute im Kabinett auf den Weg gebrachten Regeln nicht gehen. Sie will, dass man nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt von den geltenden Regeln abweichen kann, und dies auch nur für eine befristete Zeit.

„Wir werden in den nächsten Wochen dafür kämpfen, dass die Bundestagsabgeordneten hier weitergehen – keine Begrenzungen beim Paragrafen 246. Ich möchte den politisch Verantwortlichen zurufen: Mehr Mut, es lohnt sich“, sagt Schöberl. „Das gilt auch für die so wichtigen Schritte bei der Digitalisierung nach der Devise ,digital only‘. Nostalgische Gefühle für analoge Verfahren können wir uns nicht leisten.“

Quelle: ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.: Großer Wurf bleibt aus – Bau-Turbo in allen Bereichen nötig

Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen bewertet das „Gesetz zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung“, das heute im Bundeskabinett beschlossen wurde, als nicht weitgehend genug. „Der § 246e ist der zentrale und wichtigste Baustein der Gesetzesnovelle, für den wir uns in den vergangenen Wochen starkgemacht haben. Zum ersten Mal sind Kommunen in der Lage agil und schnell auf lokale Bedarfe reagieren zu können. Sie können jetzt durch planungsrechtliche Erleichterungen für ihre Bürgerinnen und Bürger aktiv werden, um gegen den Wohnungsmangel anzugehen. Diese Vorschrift sollte ausgeweitet werden. Unsere grundsätzliche Kritik an der Baugesetzbuchnovelle bleibt bestehen“, betont BFW-Bundesgeschäftsführer Andreas Beulich in Berlin.

„Bezahlbarer Wohnungsbau ist von überragendem Interesse, dafür muss das BauGB endlich Grundlage sein. Klein-klein können wir uns nicht mehr leisten. Der Bau-Turbo muss sich durch alle Regelungen ziehen und darf nicht befristet sein. Die Baugesetzbuchnovelle ist leider nicht der große Wurf. Die weiteren neuen, zum Teil kleinteiligen Regelungen tragen in der Summe nicht dazu bei Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen, im Gegenteil. Der stärkere Fokus auf Klimaschutz und Klimaanpassung führt zu einer größeren Regelungsdichte, die die Komplexität und Bürokratie erhöht. Die Hürden für bezahlbares Bauen und Wohnen werden tendenziell eher erhöht als abgebaut. Seit vielen Jahren ist eine Vereinfachung und Beschleunigung von Bürokratie reines Lippenbekenntnis gewesen, jetzt erhalten wir mit dem §246e endlich ein erstes Instrument. Jetzt sind die Kommunen am Zug. Hier darf aber nicht Schluss sein, denn dafür ist diese Krise zu umfangreich. Wir müssen den Turbo auch auf andere Bereiche ausweiten. Wir zählen auf die weitere Diskussion im Bundestag“, so der BFW-Bundesgeschäftsführer.

Quelle: BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V.

Bundesarchitektenkammer (BAK): Bdauern über Beschluss des Bundeskabinetts zur BauGB Novelle

Die Bundesarchitektenkammer (BAK) bedauert den gestrigen Beschluss des Bundeskabinetts zur BauGB Novelle, da der Regierungsentwurf den – jetzt als „Bau-Turbo“ bezeichneten – § 246e BauGB beinhaltet. Im Referentenentwurf des Bauministeriums war diese umstrittene Regelung noch nicht enthalten.

In ihrer Stellungnahme vom 16.8.2024 hat die BAK den Referentenentwurf zur BauGB Novelle grundsätzlich begrüßt. Der Entwurf enthielt Vorschläge, mit denen bezahlbarer Wohnraum leichter geschaffen werden kann, Planungsverfahren beschleunigt werden und sich Städte und Gemeinden auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten können (zur Stellungnahme auf bak.de).

Umso bedauerlicher ist die Wiederaufnahme des umstrittenen Paragrafen. Bereits im Januar 2024 kritisierten mehrere Verbände der planenden Berufe den Vorschlag des Bauministeriums zum § 246 BauGB. Danach soll in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt für Projekte mit mehr als sechs Wohnungen von den Vorschriften des BauGB weitreichend abgewichen werden können. Die Regelung soll bis 2027 gelten. Die BAK befürchtet insbesondere Fehlentwicklungen bei der Siedlungsplanung zu Lasten von Klima- und Naturschutz (zum Appell auf bak.de).

"Wir weisen erneut auf die Gefahr hin, dass bei Einführung des § 246e vermehrt Wohnbebauung an ungeeigneten Standorten entstehen kann, wie z. B. Randlagen, Grün- oder Sportflächen. Das widerspricht nicht nur den Prinzipien einer nachhaltigen Stadtentwicklung, sondern schafft auch enorme Herausforderungen für soziale Infrastrukturen und den Umweltschutz. Auch die mangelnde Reaktion auf vorhandene Baulandressourcen des Gesetzesentwurfs sieht die BAK kritisch, denn es gibt bereits genehmigte Projekte und unbebaute Baulücken mit vorhandenem Planungsrecht. Der vorgeschlagene § 246e BauGB ignoriert diese Ressourcen und versäumt es, wirksame Mobilisierungsinstrumente wie Innenentwicklungsmaßnahmen zu fördern", so Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer.

Hauptziel der BAK ist weiterhin, die Einführung des § 246e BauGB im nun folgenden parlamentarischen Verfahren zu verhindern. Für den Fall, dass sich dies nicht erreichen lässt, hat die BAK bereits im April 2024 konkrete Verbesserungsvorschläge zur Beschleunigung des Wohnungsbaus vorgelegt:

  1. Baugebot: Im Falle einer Zustimmung der Gemeinden zur Befreiung nach §246e BauGB sollte diese Zustimmung grundsätzlich mit einem Baugebot einhergehen, um spekulativer Baulandhortung vorzubeugen. Ferner sollten Investorinnen an den Kosten zur Schaffung der notwendigen Infrastruktur beteiligt werden können. Für die Realisierung sollte eine zeitliche Befristung (1,5 bis 3 Jahre) festgelegt werden, nach deren Ablauf die Baugenehmigung erlischt.

  2. Bezahlbares Wohnen: Die auf Grundlage dieser Regelung realisierten Bauvorhaben sollten überwiegend bezahlbaren Mietwohnungsbau umfassen (d.h. mindestens 50,1%).

  3. Beschränkung auf den Innenbereich: Befreiungen nach dieser Regelung sollten auf den Innenbereich beschränkt sein, um etwa der Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen in Bauland vorzubeugen. Auf den Außenbereich sollte die Regelung nur in Fällen angewendet werden können, in denen der Flächennutzungsplan bereits eine Wohnflächennutzung vorsieht.

  4. Erweiterte Zustimmungsfrist bei größeren Bauvorhaben: Die Zustimmungsfrist der Gemeinden sollte für Bauvorhaben mit mehr als 20 oder 50 Wohnungen erweitert werden, um auch Bürgerbefragungen zu ermöglichen.

Quelle: Bundesarchitektenkammer (BAK)

GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen: Bauvorschriften radikal vereinfachen - Schaffung von Wohnraum muss überragendes öffentliches Interesse werden

Heute hat das Bundeskabinett das Gesetz zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung aus dem Bundesbauministerium zur parlamentarischen Beratung freigegeben. Mit dem Gesetzentwurf wurden neue Regelungen vorgelegt, mit deren Hilfe es gelingen soll, mehr und schneller bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Grundsätzlich begrüßt die sozial orientierte Wohnungswirtschaft in Deutschland das Vorhaben, speziell und ausdrücklich auch die Aufnahme des § 246e BauGB-E.

Dazu Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW:

„Jetzt ist das Parlament gefragt und in der Verantwortung. Ein nochmaliges Scheitern im parlamentarischen Verfahren wäre nicht endschuldbar. Bezahlbares Wohnen ist die zentrale Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie muss langfristig abgesichert und gleichzeitig mit der klima- und altersgerechten Transformation des Gebäudebestands ermöglicht werden. Die wichtigen Vorschläge aus dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum zur Beschleunigung des Bauens müssen jetzt mutig und mit Nachdruck umgesetzt werden. Den notwendigen, deutlichen ‚Ruck‘ für den Wohnungsbau ermöglicht der Gesetzentwurf leider nicht. Er bleibt weit hinter den Vorschlägen aus dem Bündnisprozess zurück. Die im Entwurf vorgesehenen Vereinfachungen werden wirkungslos, wenn gleichzeitig neue Anforderungen in Form von zusätzlichen Prüfungen und Nachweisen gestellt werden.

So ist beispielsweise der Apell, dass der Umweltbericht nur 1/3 der Begründung des Bauleitplanentwurfs betragen soll, wirkungslos, wenn nicht zugleich die Anforderungen an den Umweltbericht selbst abgesenkt werden. Und die im Entwurf vorgesehenen Vereinfachungen und Beschleunigungen, beispielsweise die Möglichkeiten zur Aufstockung, dürfen nicht ausschließlich in Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten, sondern müssen allgemein anwendbar werden. Die Aufnahme des §246e BauGB-E in die Gesetzesnovelle begrüßen wir ausdrücklich, aber sie dürfen unter keinen Umständen verwässert werden, sondern sollten im Gegenteil deutlich verbessert werden. Unsere Vorschläge liegen den Fraktionen vor. Wer es im Parlament ernst meint mit dem bezahlbaren Wohnen und der Baubeschleunigung hat von uns alles bekommen, was notwendig ist.

Von zentraler Bedeutung für die Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Deutschland ist aber, dass die Schaffung von Wohnraum gerade in sogenannten Mangelgebieten ganz offiziell als ‚überragendes öffentliches Interesse’ behandelt wird. Konkret muss den Baubehörden die Entscheidung für das bezahlbare Bauen erleichtert werden. Dazu sollte eine Generalklausel im Baurecht eingeführt werden, so wie sie auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz besteht. Dort bestimmt die Generalklausel zugunsten von z. B. Windrädern, dass die Errichtung und der Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Genau das muss auch für den Wohnungsbau gelten und der Politik mindestens genauso wichtig sein, wie der bevorzugte Bau von Windrädern.

Das Baugesetzbuch muss so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen regelmäßig im Vordergrund steht. Nur so wird sich die so häufig und zu Recht als ‚soziale Frage‘ unserer Zeit bezeichnete Mammutaufgabe rund um das bezahlbare Wohnen mit Aussicht auf Erfolg angehen und lösen lassen.“

Quelle: GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen

Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V.: Wohnbebauung und Lärmschutz in Einklang bringen

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, spricht über Licht und Schatten der Novelle, die auch die Schaffung von Wohnraum erleichtern und beschleunigen soll:

„Die erleichterten Möglichkeiten zur Aufstockung und Hinterhofbebauung sind sinnvoll und ermöglichen gerade im angespannten innerstädtischen Bereich die Schaffung von Wohnraum, ohne dass ein bestehender Bebauungsplan geändert werden muss. Zur Verkürzung von Bebauungsplanverfahren ist es auch gut, dass Gemeinden die Bebauungspläne nach Ende der Beteiligungsverfahren innerhalb von zwölf Monaten veröffentlichen sollen. In der Praxis nimmt die Aufstellung von Bebauungsplänen heute viel zu viel Zeit in Anspruch, in Berlin im Schnitt zehn Jahre. Insoweit kann die Einführung einer Frist hier zu einer deutlichen Verkürzung führen.

Aber es gibt auch Anpassungsbedarf. So brauchen wir ein ambitionierteres Vorgehen für den ländlichen Raum. Die vorgesehenen Lärmschutzbestimmungen müssen so angepasst werden, dass die Baulandentwicklung gefördert wird und die Wohnbebauung auch möglich ist. Wir müssen hier einen guten Ausgleich finden, damit wir den dringend benötigten Wohnungsbau nicht durch zu hohe Lärmschutzbestimmungen ausbremsen. Aufgrund der begrenzten Bauflächen, wird dieses Thema auch im städtischen Bereich an Bedeutung gewinnen.

Daneben muss auch die Schaffung ausreichenden Wohnraums im sog. unbeplanten Bereich gestärkt werden, also dort, wo es keine konkreten Vorgaben durch einen Bebauungsplan gibt. In der Vergangenheit gab es hier regelmäßig Planungsprobleme, wodurch Bauvorhaben im schlechtesten Falle vollständig verhindert worden sind.

Wir werden uns für die Anpassungen und Ergänzungen im weiteren parlamentarischen Verfahren einbringen.“

Quelle: Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V.

Deutsche Umwelthilfe: Bundesregierung treibt mit ihrem Neubau-Wahn Flächenfraß und Naturzerstörung voran

Heute wurde im Bundeskabinett eine umfassende Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) beschlossen, inklusive des umstrittenen "Bau-Turbo"-Paragrafen 246e. Trotz massiver Kritik wurde dessen Geltungsdauer sogar noch verlängert. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das intransparente Vorgehen scharf und fordert, den Paragrafen umgehend zu streichen.

Dazu Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin: "Der heutige Kabinettsbeschluss zur Baugesetzbuch-Novelle macht fassungslos. In letzter Minute wurde auf Druck von Bauministerin Geywitz und Kanzler Scholz der umstrittene Bau-Turbo-Paragraf in die Beschlussvorlage gemogelt. Das ist ein Affront gegenüber dem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis, dessen monatelange massive Kritik einfach ignoriert wird. Die Bundesregierung gibt sich weiter ihrem Neubau-Wahn hin und nimmt dafür Flächenfraß und Naturzerstörung in Kauf. Noch dazu ist der Paragraf ungeeignet, um die Schaffung von bezahlbarem und lebenswertem Wohnraum zu garantieren. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass demokratische Beteiligungsprozesse eingeschränkt werden und Bodenspekulation zunimmt. Damit zementiert die Bundesregierung ihre kurzsichtige und umweltschädliche Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Wir fordern alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf, diese aus der Zeit gefallene Regelung abzulehnen."

Hintergrund:
Die BauGB-Novelle, insbesondere der neu eingeführte Paragraf 246e, soll den Wohnungsbau beschleunigen, indem er weitreichende Abweichungen von bestehenden Vorschriften ermöglicht. Der Bau-Turbo soll in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bis Ende 2027 gelten.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe

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