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Der Ausschluss in der öffentlichen Vergabe

Kommentar von Dr. Andreas Ebert, Justiziar und Geschäftsführer der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau

23.04.2025 - München

Der Ausschluss in der öffentlichen Vergabe

„So wenig wie Skispringer Wettkämpfe durch Anzugmanipulation beeinflussen dürfen, ist es Bewerbern gestattet, die Vergabeunterlagen zu ihren Gunsten zu ändern“, sagt Dr. Andreas Ebert, Justiziar und Geschäftsführer der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Bekanntlich führen jedoch viele Wege nach Rom und mindestens ebenso viele Gründe kann es für einen Ausschluss in der öffentlichen Vergabe geben.

Der Ausschluss in der öffentlichen Vergabe

Das Scheitern bei der Auftragsbewerbung gehört untrennbar zur Chance auf Beauftragung und kann zumindest als belobigender Beleg dafür gelten, es wenigstens versucht zu haben. Sehr viel schmerzlicher ist aber die Erfahrung des Ausscheidens, bevor ein Kräftemessen überhaupt begonnen hat, weil man vergaberechtlich disqualifiziert wurde. Dass der Ausschluss die Gerichte sehr häufig beschäftigt, nimmt deshalb kein Wunder.

Gemäß dem olympischen Grundsatz „Dabei sein ist alles“ finden sich gelegentlich Bewerber, welche die veröffentlichten Mindestbedingungen nicht mitbringen und deshalb aussortiert werden (vgl. etwa BayObLG, ZfBR 2023, 611). 

Deutlich höher, als nur den Trainingseffekt aus der Teilnahme auf der Haben-Seite verbuchen zu können, fallen die Gewinnchancen aus, wenn es der Auftraggeber versäumt hat, seine Mindestanforderungen, etwa an die Personalausstattung, in den Vergabeunterlagen zu nennen, außer sie ergäben sich bereits zwingend aus dem Gegenstand der Beauftragung (BGH, NZBau 2021, 57).

Gesetzlicher Ausschluss

Vorhersehbarer sind Ausschlüsse, die bereits das Gesetz definiert. Neben die in § 123 GWB benannten zwingenden Ausschlussgründe treten die fakultativen aus § 124 GWB, auf die der Auftraggeber einen Ausschluss stützen kann, aber nicht muss. Er hat also eine Ermessensspielraum für seine Entscheidung (OLG München, VergabeR 2021, 502). 

Ob etwa eine „besonders schwere Verfehlung“ eines Bieters vorliegt, welche die Integrität des Unternehmens in Frage stellt, wie es § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB verlangt, lässt sich kontrovers beurteilen. Ein pauschaler Rückschluss von einer schweren Verfehlung auf die Unzuverlässigkeit des Bewerbers ist unzulässig (BayObLG, VergabeR 2021, 620, 623).

Es mag RedBull schmerzen, Ingenieure an McLaren zu verlieren, die man selbst zuvor bei Mercedes akquiriert hat. Mitarbeiter abzuwerben ist aber keine schwere Verfehlung (BayObLG, a.a.O., S. 624). Eine solche liegt auch nicht dann vor, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer eines Bieters nach Erteilung von Auflagen und Weisungen eingestellt wurde (OLG Celle, NZBau 2019, 819). Eine schwere Verfehlung des Nachunternehmers kann einen Ausschluss des Bieters nur begründen, wenn letzterer gegen ihm obliegende Kontrollpflichten verstoßen hat (OLG Celle, a.a.O.).

Schlechtleistung wirkt nach

Öffentliche Auftraggeber beauftragen ungern einen Bieter, der ihnen in der Vergangenheit Probleme gemacht hat. Vom Hochsprung nur deshalb ausgeschlossen zu werden, weil man in den letzten Wettbewerben regelmäßig die Latte gerissen hat, mag kein Athlet akzeptieren. 

Dagegen kann die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen eine schwere Verfehlung darstellen. Sie müssen aber von solcher Intensität und Schwere sein, dass der Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf (BayObLG, IBR 2022, 579). Umgekehrt liegt nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags eine schwere Verfehlung (BayObLG, NZBau 2024, 707, 711).

Über einen Ausschluss darf der Auftraggeber auch nachdenken, wenn ein Bieter „eine wesentliche Anforderung“ bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies etwa zu einer vorzeitigen Beendigung oder zu Schadensersatz geführt hat (§ 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB). Will sich der Auftraggeber auf diesen Tatbestand stützen, muss er eine Prognoseentscheidung treffen und dokumentieren, ob von dem Bieter unter Berücksichtigung der festgestellten früheren Schlechtleistung im Hinblick auf die Zukunft zu erwarten ist, dass er den nunmehr zu vergebenden Auftrag nicht gesetzestreu, ordnungsgemäß und sorgfältig ausführen werde (OLG München, VergabeR 2021, 502).

Nach Ansicht der Vergabekammer Südbayern muss der Auftraggeber, der einen Bieter wegen Schlechtleistung in einem früheren öffentlichen Auftrag eines anderen Auftraggebers ausschließen will, darlegen, dass der andere Auftraggeber den Bieter wegen dieser Schlechtleistung rechtmäßig gekündigt hat oder z.B. rechtmäßig Schadensersatz bekommen hat (IBR 2019, 692). D

as OLG Koblenz (NZBau 2022, 486) lässt einen Ausschluss zu, wenn aus Dokumentationen anderer Auftraggeber hervorgeht, dass es dort zu zahlreichen Rügen (u. a. Bauverzug/Mängel) und erheblichen Diskussionen (Bauzeitverzögerungen, Baumängel, Minderleistungen) zwischen dem Bieter und anderen Dienststellen gekommen ist, die sich jeweils über einen erheblichen Zeitraum erstreckt haben. 

Keinen Ausschluss rechtfertigt es, wenn ein Bieter die ihm in einem früheren Auftrag gegenüber ausgesprochene Kündigung wegen schwerer Mängel gerichtlich überprüfen lässt (EuGH, NZBau 2019, 597).

Vergabesperre

Wer im Sport des Dopings überführt wird, scheitert bereits an der Zulassung zum Wettkampf. Ähnlich wirkt eine Vergabesperre, gegen die sich ein Betroffener in einem Nachprüfungsverfahren zur Wehr setzen kann, ebenso wie zivilrechtliche Schritte in Betracht kommen (BGH, NZBau 2020, 609). 

Die automatische Aufnahme aller ARGE-Teilnehmer in eine Liste unzuverlässiger Auftragnehmer ist auch bei erheblichen Mängeln der ARGE unstatthaft (EuGH, ZfBR 2023, 706).

Angebot muss passen

So wenig wie Skispringer Wettkämpfe durch Anzugmanipulation beeinflussen dürfen, ist es Bewerbern gestattet, die Vergabeunterlagen zu ihren Gunsten zu ändern. Eine solche Änderung liegt vor, wenn der Bieter in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht. Dazu ist keine körperliche Veränderung i. S. e. Änderung der vorgegebenen Leistungsmengen oder -beschreibungen notwendig. Es reicht, dass der Bieter bei der Ausfüllung von Berechnungsschemata von den Vorgaben abweicht (OLG Schleswig, ZfBR 2021, 194).

Auf die Wettbewerbsrelevanz, Wesentlichkeit oder Geringfügigkeit der Abweichung kommt es nicht an (OLG München, ZfBR 2017, 615). Änderungen liegen nicht schon in lediglich klarstellenden, dem besseren Verständnis dienenden Zusätzen und offensichtlich irrtümlichen Eintragungen wie Schreibfehlern (KG Berlin, VergabeR 2021, 250).

Zum Ausschluss führt eine Abweichung zudem nur, wenn aus den Vergabeunterlagen für Bieter eindeutig und unmissverständlich hervorgeht, was von ihnen verlangt wird. Unklarheiten oder Widersprüche gehen zulasten des Auftraggebers (OLG Düsseldorf, VergabeR 2024, 562). Für die Auslegung von Vergabeunterlagen ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist, nicht auf das Verständnis eines einzelnen Bieters (VK Nordbayern, ZfBR 2022, 511).

0% Leistung vs. 0 Euro

Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Vorgaben des Auftraggebers rechtfertigen keine Abweichung von eindeutigen Vorgaben der Leistungsbeschreibung (OLG Bremen, VergabeR 2023, 439). Verlangt der Auftraggeber Lösungsvorschläge, die in die Wertung einfließen, kommt ein Ausschluss wegen Abweichung nicht in Betracht, weil der Lösungsvorschlag nicht die nach Zuschlag vertraglich geschuldete Planungsleistung ist (VK Südbayern, IBR 2021, 315). 

Erklärt ein Bieter im Rahmen der Preisaufklärung, die geforderte und mit 0 % bewertete Leistungsphase gar nicht erbringen zu wollen, ist das Angebot zwingend auszuschließen (VK Südbayern, IBR 2023, 477). Beträgt ein vorgeschlagener Angebotspreis 0 €, rechtfertigt dies die Ablehnung für sich allein nicht (EuGH, ZfBR 2020, 881).

Erst recht werden Bieter ausgeschlossen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen vorlegen (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV). Die Abgabe einer neuen Erklärung zur Verlängerung der Bindefrist, die nicht Gegenstand der ursprünglichen Vergabebedingungen war, fällt nicht unter diese Vorschrift (OLG Celle, NZBau 2020, 745, 748). Wird die Vorlage einer noch gültigen Bescheinigung gefordert, stellt die Einreichung einer Bescheinigung, deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist, eine Nichtvorlage dar (OLG München, Beschl. v. 17.12.2019, Verg 25/19).

Am Ende kann es nur einen geben. Anders als bei Olympia gibt es in der Auftragsvergabe keine zweiten und dritten Plätze. Da ist es dann ein schwacher Trost, wenigstens nicht disqualifiziert worden zu sein.

Kommentar von Dr. Andreas Ebert, Justiziar und Geschäftsführer "Recht - Finanzen - Berufsanerkennung" der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau.

Foto: Tobias Hase

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