03.09.2025 - München
Erfahren Sie im Doppelinterview mit Lewin Fricke von TRIQBRIQ und Gisela Raab von der Raab Baugesellschaft was passiert, wenn sich zwei Preisträger der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zusammentun und Hand in Hand arbeiten. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? Welche Visionen haben die beiden für die Baubranche der Zukunft und wo sehen sie die größten Herausforderungen?
Herausragende Bauprojekte sichtbar zu machen und ihnen die verdiente öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen, ist eines der zentralen Ziele der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Die Vergabe von Preisen ist daher ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Kammer.
Inzwischen sind es vier an der Zahl: Den Bayerischen Ingenieurpreis gibt es schon seit 1999, der Bayerische Denkmalpflegepreis kam 2008 dazu. Den Schülerwettbewerb Junior.ING lobt die Bayerische Ingenieurekammer-Bau seit 2018 aus und das jüngste „Kind“ unter den Kammerpreisen ist der „Building Outside The Box“-Preis, der erstmals 2022 vergeben wurde.
Im Juli 2025 gewann TRIQBRIQ den 1. Platz des „Building Outside The Box“-Preises, mit dem speziell Start-Ups und junge Ingenieurinnen und Ingenieure unter 40 Jahren ausgezeichnet werden. Sechs nominierte Projekte wurden in einem Live-Pitch dem fachkundigen Publikum und der Jury vorgestellt.
Die modularen Holzbausteine von TRIQBRIQ präsentierte Yannik Nolle. In seinem Pitch stellte er auch einige aktuelle Kooperationen vor, darunter die Zusammenarbeit mit der Raab Baugesellschaft im oberfränkischen Ebensfeld.
Gisela Raab, die Geschäftsführerin der Raab Baugesellschaft, hatte schon 2013 für ihren Projektbau der Zertifizierten Wohngesundheit in Bad Staffelstein den Bayerischen Ingenieurpreis gewonnen. Wohngesunde Materialien, ein Energiekonzept mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe und dezentraler Wärmerückgewinnung, Elektrosmogabschirmungen im Dachaufbau und die Qualität der besonders schadstoffarmen Innenraumluft machten das Projekt bereits 2013 zu einem herausragenden Vorbild im Wohnungsbau.
Wenn sich zwei
Preisträger zusammentun, dann ist ein herausragendes Projekt zu erwarten. Die
Bayerische Ingenieurekammer-Bau hat nachgefragt, wie die beiden Preisträger
zueinander gefunden haben und wie ihre Kooperation konkret aussieht.
Die Gewinner des „Building-Outside-The-Box“-Preises 2025 arbeiten mit der Gewinnerin des Bayerischen Ingenieurpreises 2013 zusammen. Haben Sie gewusst, dass sie beide Preisträger der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau sind?
Lewin Fricke: Nein, das war uns ehrlicherweise nicht klar. Umso schöner war die Überraschung, als uns diese Info erreicht hat. Es zeigt ein weiteres Mal, dass wir uns gemeinsam auf dem richtigen Weg befinden.
Gisela Raab: Nein, ich habe erst über die Presse erfahren, dass TRIQBRIQ wieder einen Preis gewonnen hat. Meine Preisverleihung, für den Ingenieurpreis, ist ja schon vor langer Zeit gewesen.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen Ihren beiden Häusern?
Lewin Fricke: Wir sind als junges Unternehmen recht umtriebig und dementsprechend ist Gisela Raab im Rahmen ihrer Recherche für nachhaltige Bauprodukte auf uns aufmerksam geworden. Das erste persönliche Treffen kam dann auf der BAU München im Frühjahr 2025 am Stand der DGNB zustande. Hier hatten wir einen Teil des Standes mit unseren BRIQs gebaut und so konnten Frau Raab und ihr Mann unser System dann das erste Mal auch live unter die Lupe nehmen. Da wir jetzt ja wirklich zusammenarbeiten, scheint der erste Eindruck wohl in Ordnung gewesen zu sein.
Gisela Raab: Wir haben eine nachhaltige Alternative zum konventionellen Holzbau gesucht. Baustoffe/-steine, die die Ressource Wald als lebendigen CO2-Speicher schonen, aber auch klimafreundlich und vor allem auch klimaresilient sind, wie z. B. beim Thema Überhitzung und Starkregen.
Und woran
arbeiten Sie gerade gemeinsam?
Lewin Fricke: Der erste Aufschlag ist das sogenannte WIN-Projekt.
Aus unserer Sicht passt der Name auch perfekt, da das Projekt ein echter Gewinn
für die Branche ist. Die Idee dazu ist von Frau Raab und sie kann es
dementsprechend auch am besten vorstellen.
Gisela Raab: Im Rahmen unseres WIN-Pilotprojektes erstellen wir gerade einen Prototyp an unserem Bauhof, eine nachhaltige Bürosanierung mit einer Aufstockung für Mitarbeiterwohnungen aus TRIQBRIQ-Steinen, um Erfahrung zu sammeln, und um dies dann in unserem Transformationsprojekt Kleiner Wohnen @ Land in Redwitz a.d.Rodach auch umzusetzen. Wir vergleichen dort in einem Realprojekt verschiedene nachhaltige Baustoffe in ihrer Anwendung, in den Kosten und in der Praxistauglichkeit.
Erzählen Sie doch bitte beide von Ihren jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkten, unabhängig von Ihrem aktuellen gemeinsamen Projekt.
Lewin Fricke: Wir produzieren und vertreiben unser Holzbau-System TRIQBRIQ. Das Massivholz-Bausystem besteht aus mikro-modularen Holzbausteinen - den sogenannten BRIQs. Diese werden mit Robotertechnik hochpräzise aus kostengünstigem Industrie- und Kalamitätsholz sowie rückgebautem Altholz hergestellt. Die einzelnen BRIQs werden auf der Baustelle im Verband aufeinander gesteckt und über Buchenholzdübel miteinander verriegelt. Auf diese Weise lassen sich tragende Außenwände kosteneffizient, flexibel und in kurzer Zeit errichten. Zu den weiteren Vorteilen gehört, dass die BRIQs am Ende der Nutzungsphase eines Gebäudes sortenrein entnommen und vollständig wiederverwendet werden können. Damit bietet TRIQBRIQ eine ganzheitlich nachhaltige und ressourcenschonende Alternative zu konventionellen Baustoffen. Das schont das Klima und entlastet die Forstwirtschaft.
Gisela Raab: Wir haben uns beim Bauen auf besondere Wohnformen spezialisiert. Aufgrund von eigenen Erfahrungen aus dem Lebensumfeld liegen uns besonders Senioren und Menschen mit Handicap am Herzen. Hier benötigt es nicht nur barrierefreien Wohnraum, sondern vor allem Gesamtkonzepte die bis zum Ende gedacht sind. Gerade mit dem heutigen Thema Pflegenotstand. Wir beschäftigen uns aber auch intensiv mit alternativen Wohnformen, wie dem bewohnerorientierten genossenschaftlichen Bauen, Wohnen und Leben in Gemeinschaft ,nachhaltigen Baustoffen und klimagerechter Energieversorgung.
Sind weitere
Kooperationen geplant?
Lewin Fricke: Ja! Das WIN-Projekt ist für sich selbst schon klasse. Es ist allerdings vor allem ein Testballon für deutlich größere Projekte der Firma Raab.
Gisela Raab: Ja, wenn sich die Bauweise mit Triqbriq finanziell abbilden lässt, würden wir gerne weitere Häuser in unserem Service Wohnen in Hollfeld, in einer kleinen Ökosiedlung in Oberreichenbach und weiteren Ökosiedlungen mit Triqbriq bauen.
Herr Fricke,
warum hat sich TRIQBRIQ auf den „Building-Outside-The-Box-Preis“ beworben?
Lewin Fricke: Über das MeetUp-Format haben wir die Bayerische Ingenieurkammer-Bau kennengelernt. Gerade das Feedback von Ingenieuren ist uns als junges Unternehmen, das ein Bausystem am Markt etabliert, unfassbar wichtig. Als wir dann von dem Award erfahren haben, war klar, dass wir da unbedingt teilnehmen wollen. Als Schwaben natürlich auch wegen des Preisgeldes, aber vor allem wegen des Feedbacks.
Frau Raab, es sind nun schon über 10 Jahre vergangen, seit Sie den Bayerischen Ingenieurpreis gewonnen haben. Welches Feedback haben Sie auf den Gewinn bekommen?
Gisela Raab: Der Bayerische Ingenieurpreis steht ja für hervorragende Ingenieurleistungen und bezeugt den innovativen Geist der Preisträger. Dies hat mir und von Seiten meiner Kunden und den Kommunen sehr viel Vertrauen geschenkt, dass meine Projekte auf gute Fundamente gebaut sind und nicht nur „alternative“ Spinnereien sind.
Was sind Ihre nächsten Ziele für Ihr Unternehmen?
Lewin Fricke: Wir skalieren aufgrund der enormen Nachfrage aktuell unsere Produktion. Unser Ziel sind 30 laufende TRIQBRIQ-Produktionseinheiten bis 2027. Die Bauwende braucht mehr Geschwindigkeit und daran arbeiten wir mit Hochdruck. Wer ein Teil dieser Reise werden möchte, kann unkompliziert in TRIQBRIQ investieren.
Gisela Raab: Die Zukunft für die nächste Generation gut vorzubereiten. Ich wurde in diesem Jahr 60 alt, habe mittlerweile viel Erfahrung, Mut, und Zuversicht. Das braucht es, um neue Wege zu gehen in dieser Zeit der Transformation und den vielen Krisen. Jedoch auch den Weitblick, um zu sehen was die Themen von morgen sind und wie wir diese lösen können.
Was ist Ihre Vision für die Baubranche der Zukunft? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Lewin Fricke: Es braucht die Bauwende und damit vor allem mehr klimapositives Bauen. Ein wichtiger Teil dieses Wandels ist die Umstellung von einer linearen hin zu einer zirkulären Bauwirtschaft. Dieses Ziel können wir nur gemeinsam erreichen – was in so einer kleinteiligen Branche allerdings eine unfassbare Challenge ist. Die erfolgreiche Kooperation der TRIQBRIQ AG und der Raab Baugesellschaft ist ein wunderbares Signal, dass es sich lohnt diese Challenge anzugehen und gemeinsam an der Bauwende zu arbeiten.
Gisela Raab: Bauen mit Rücksicht auf die Natur, dem Ökosystem mit seiner wertvollen Pflanzen- und Tierwelt, dem Wald. Alle Baustoffe in ihrer Ganzheit sehen und diese nicht nur auf die CO2 Bilanz zu reduzieren. Damit retten wir nicht unser Klima und schon gar nicht unsere vielfältigen Ökosysteme. Das bedeutet Mitdenken mit mehr Eigenverantwortung und Mitwirkung. Vor allem mehr Gemeinschaftssinn und Gemeinwohlorientierung weg vom Egoismus. Es wird unsere einzige Chance sein, sonst werden wir als Individuen mit all unseren liebgewonnenen Rechten zugrunde gehen.
Herr Fricke, Frau Raab, wir danken Ihnen für das Gespräch!
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