03.11.2025 - Müngsten
Die Bundesingenieurkammer zeichnete am 30. Oktober 2025 die Müngstener Brücke als Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland aus. Die Eisenbahnbrücke zwischen Solingen und Remscheid gilt seit ihrer Eröffnung im Jahr 1897 als technisches Meisterwerk und Ausweis deutscher Ingenieurbaukunst. Mit einer Höhe von 107 m, 170 m Spannweite und einer Länge von 465 m ist sie ein Symbol für den Pioniergeist des späten 19. Jahrhunderts. Bis heute ist sie die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands.
Erbaut in einer Zeit intensiven internationalen Wettbewerbs im Brückenbau, stellte die Müngstener Brücke die Innovationskraft deutscher Ingenieure eindrucksvoll unter Beweis. Besonders die Konstruktion des eingespannten, parabelförmigen Bogens, der Material sparte und neue Maßstäbe setzte, machte sie zu einer technischen Sensation.
Entworfen wurde die Brücke von Anton Rieppel und Bernhard Rudolf Bilfinger. Durch den freien Vorbau der beiden Bogenhälften über insgesamt 170 Meter machte der Bau von sich reden.
Trotz zweier Weltkriege blieb das Bauwerk erhalten. Allerdings fanden nach den 1960er Jahren keine umfassenden Instandsetzungsarbeiten mehr statt. Nach Teilsperrungen und Diskussionen um einen Abriss und Brückenneubau, führte die Deutsche Bahn 2013 bis 2021 für 30 Millionen Euro eine Grundinstandsetzung durch.
Gemeinsam mit internationalen Partnern erfolgt aktuell die Bewerbung für die Aufnahme der Müngstener Brücke in die Unesco-Welterbeliste. In einem Verbundantrag wird sie zusammen mit weiteren Fachwerkbogenbrücken des 19. Jahrhunderts in Europa nominiert.
Eine Anerkennung als Unesco-Welterbe würde nicht nur die Einzigartigkeit der Müngstener Brücke würdigen, sondern auch verdeutlichen, wie Ingenieure jener Zeit über Ländergrenzen hinweg voneinander lernten und so den technischen Fortschritt in Europa entscheidend vorantrieben.
Die Verleihfeier der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen fand im Brückenpark Müngsten statt.
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer und Präsident der Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen, betonte in seiner Rede: „Die Müngstener Brücke sorgte vor mehr als hundert Jahren als technisches Meisterwerk für Aufsehen. Noch heute ist sie eine der höchsten Eisenbahnbrücken Europas und überspannt imposant die Wupper. Wir als Bundesingenieurkammer unterstützen die Bewerbung als Unesco-Welterbe, prägt der Brückenbau doch bis heute die Region und stiftet Identität.“
Weitere 31 Bauwerke wurden bisher aufgrund ihrer Bedeutung für den deutschen Ingenieurbau als Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschlandgewürdigt, davon zwei in Nordrhein-Westfalen.
Über die Auszeichnung
Die Bundesingenieurkammer ehrt seit 2007 historisch bedeutende Ingenieurbauwerke mit dem Titel „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“. Voraussetzung ist, dass sich die Bauwerke in Deutschland befinden und älter als 50 Jahre sind. Die Auszeichnungsreihe wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, den Ingenieurkammern der Länder und dem gemeinnützigen Förderverein „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ unterstützt.
Lage: zwischen Solingen und Remscheid, im
Regierungsbezirk Düsseldorf
Bauherr: Königliche Eisenbahndirektion Elberfeld, übergeordnete Behörde:
Preußisches Ministerium der öffentlichen Arbeiten
Ausführende Firma: Maschinenbau-Actien-Gesellschaft Nürnberg (später MAN), Werk
Gustavsburg (Mainz)
Verantwortliche Ingenieure:
Direktor Anton Rieppel (1852 – 1926),
Oberingenieur Bernhard Rudolf Bilfinger (1829 – 1897),
Oberingenieur Max Carstanjen (1856 – 1934),
Ingenieur Hans Herrmann (1865 – 1932),
Bauleitung in Müngsten:
Ingenieur Johannes Möbus,
Ingenieur Friedrich Bohny (1867 – 1939)
Arbeiter und Angestellte: auf der Baustelle etwa 150
Arbeiter, im Werk Gustavsburg etwa 350 Arbeiter und Angestellte
Baustellenunfälle: 6 Todesopfer
Bauweise: zweigleisige Eisenbahnbrücke, genieteter
Fachwerkbogen
Form: Parabelbogen, ohne Gelenke, an den beiden Kämpfern eingespannt,
Bogen nach oben verjüngend, an den Bogen anschließend: Einfeldträger als
Parallel-Fachwerkträger (sogenannte Gerüstbrücken)
Höhe über dem Talgrund: 107 m
Spannweite des Bogens: 170 m (äußerer Bogengurt: 180
m, innerer Bogengurt: 160 m)
Pfeilhöhe des Bogens: 67 m
Gesamtlänge der Brücke: 465 m
Gesamtgewicht der Eisenkonstruktionen: 4 845 Tonnen
Bauverfahren: Transportbrücke aus Holz und Eisen, Bredt´sche Drehkrahne, Freivorbau des Bogens, verstellbare Bogenwiderlager, beim Bogenschluss Wechsel vom statisch bestimmten System mit Gelenken zum statisch unbestimmten System ohne Gelenke
Material: 4 735 Tonnen basisches Thomas-Flusseisen,
überwiegend aus Lothringen (de Wendel in Hayingen in Lothringen, französisch:
Hayange)
Zugfestigkeit min. 370 N/mm2, max. 440 N/mm2, Bruchdehnung mind. 20 %,
Streckgrenze mind. 250 N/mm2
außerdem: 125 Tonnen basisches Martin-Flusseisen als Gußstahl, überwiegend von
der Gute Hoffnungshütte Oberhausen geliefert
Nieten: etwa 950.000, aus Schweißeisen, noch sämtlich von Hand genietet
(obwohl zu diesem Zeitpunkt auf anderen Baustellen teilweise bereits
elektrische Nietmaschinen eingesetzt wurden)
Zulässige Spannungen: zwischen 85 und 125 N/mm2 (je nachdem ob unmittelbar durch Stöße infolge überfahrender Lokomotiven oder nur durch ruhende Lasten und Winddruck beansprucht)
Kostenvoranschlag: 2,2 Millionen Mark
Tatsächliche Kosten: 2,7 Millionen Mark
Quelle: Bundesingenieurkammer, Foto: Hello Studio W (1,4), Christian Holthausen (2,3)
Die Social Media Buttons oben sind datenschutzkonform und übermitteln beim Aufruf der Seite noch keine Daten an den jeweiligen Plattform-Betreiber. Dies geschieht erst beim Klick auf einen Social Media Button (Datenschutz).
Jetzt Newsletter abonnieren!
Sustainable Bavaria
Nachhaltig Planen und Bauen
Digitaltouren - Digitalforen
Netzwerk junge Ingenieur:innen
Werde Ingenieur/in!
www.zukunft-ingenieur.de
Veranstaltungstipps
Einheitlicher Ansprechpartner
Berufsanerkennung 
Professional recognition
Bayerische Ingenieurekammer-Bau
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Schloßschmidstraße 3
80639 München