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Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im 1. Halbjahr 2023 um 27,2 % gesunken

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes

18.08.2023 - Wiesbaden

Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im 1. Halbjahr 2023 um 27,2 % gesunken

Im 1. Halbjahr 2023 wurde in Deutschland der Bau von 135 200 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 27,2 % oder 50.600 Baugenehmigungen weniger als im 1. Halbjahr 2022. Im Juni 2023 ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen gegenüber dem Vorjahresmonat um 28,5 % gesunken. Dies entspricht einem Rückgang um 8.700 Wohnungen auf 21.800 Wohnungen.

Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben. In den Ergebnissen sind sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.

Rückgänge der Baugenehmigungen bei allen Gebäudearten

In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis Juni 2023 insgesamt 111.500 Wohnungen genehmigt. Das waren 30,8 % oder 49.600 Wohnungen weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser um gut ein Drittel (-35,4 % beziehungsweise -14.800 Wohnungen) auf 27.000 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl genehmigter Wohnungen sogar um mehr als die Hälfte (-53,4 % beziehungsweise -8.900) auf 7.700. Auch bei der Gebäudeart mit den insgesamt meisten Wohnungen, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich, und zwar um mehr als ein Viertel (-27,0 % beziehungsweise -26.700) auf 72.400.

Seit März 2023 gibt es die Wohnbauförderung für klimafreundlichen Neubau der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Diese Förderung kann unter anderem von Privatpersonen zur Eigennutzung oder Vermietung sowie von Unternehmen beantragt werden. Noch ist kein eindeutiger Effekt dieser Maßnahmen auf die Genehmigungszahlen erkennbar: Die Zahl der Baugenehmigungen im Zeitraum März bis Juni 2023 ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar etwas stärker zurück (Einfamilienhäuser -38,6 % beziehungsweise -11.100, Zweifamilienhäuser -53,9 % beziehungsweise -6.000 und Mehrfamilienhäuser -28,7 % beziehungsweise -19.600) als im gesamten 1. Halbjahr 2023.

Quelle und Grafik: Statistisches Bundesamt (Destatis)


Kommentare

Baugewerbe: Kabinettklausur muss starkes Baupaket schnüren

Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baugenehmigungszahlen für Wohnungen kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe:

„Seit über einem halben Jahr sehen wir jeden Monat ein zweistelliges Minus bei den Baugenehmigungen für Wohnungen. Im Juni dieses Jahres erteilten die Behörden 28,5 Prozent weniger Baugenehmigungen als im Juni 2022. Bei den neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis Juni insgesamt 111.540 Wohnungen genehmigt. Das waren 31 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Für Mehrfamilienhäuser verringerten sich die Genehmigungen um 27 Prozent, bei Einfamilienhäusern um 35 Prozent. Bei den Zweifamilienhäusern verzeichnete man sogar einen Rückgang von 53 Prozent. Nach dem unverantwortlichen Veto gegen das Wachstumschancengesetz diese Woche müssen wir klar sagen: Die Luft wird immer dünner.

Anscheinend ist die Brisanz dieser Abwärtsspirale noch nicht bei allen angekommen. Das Kabinett muss sich in Meseberg entscheiden: Soll die Bauwirtschaft die Konjunktur wieder in die Spur bringen oder mit ihren Betrieben und Arbeitsplätzen aufs Abstellgleis? Bauwillige und Baubranche brauchen dringend bessere Baubedingungen. Einfachere energetische Anforderungen bei den Förderbudgets müssen Hand in Hand gehen mit einer höheren Zinsstütze, einem geringeren Mehrwertsteuersatz und einer niedrigeren Grunderwerbssteuer. Das angekündigte Baupaket muss kommen! Es ist ein von Häuslebauern lang ersehntes Signal und extrem wichtig für die Branche. Für politische Machtspielchen ist jetzt keine Zeit. Ohne verlässliche Investitionsimpulse werden die Wohnungsbaufirmen früher oder später ihre Personalkapazitäten abbauen müssen. Was das für den Wohnungsmarkt und die vielen anderen Megabauaufgaben der Zukunft bedeutet, will sich keiner ausmalen.“

Quelle: Zentralverband Deutsches Baugewerbe


Bauindustrie: Düsteres Bild im Wohnungsbau

Tim-Oliver Müller, der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie zu den die Zahlen des Statistischen Bundesamtes:

„Die Bilanz für das erste Halbjahr 2023 zeigt im Wohnungsbau ein ungemein düsteres Bild. Nach einem erneuten Rückgang im Juni um 28 Prozent, dem neunten Monat mit einem zweistelligen Rückgang in Folge, sind im ersten Halbjahr 2023 mit 135.200 Einheiten nun insgesamt 27 Prozent weniger Wohnungen im Neu- und Umbau genehmigt worden als im Vorjahreszeitraum. Eine Besserung ist nicht in Sicht.“ Besonders dramatisch sei die Lage im Neubau von Eigenheimen, von Januar bis Juni seien insgesamt 40 Prozent weniger Ein- und Zweifamilienhäuser genehmigt worden als im Vorjahr. Müller: „Nach wie vor sorgen Zinssteigerungen, deutlich zulegende Baukosten, nochmals erhöhte energetische Anforderungen und die Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Politik für ein Umfeld, in dem Investoren weiter auf der Bremse stehen.“

Für Unverständnis sorgt das kategorische „Nein“ des Bundesfinanzministers für eine erleichtere Abschreibungsmöglichkeit (degressive AfA) im Wohnungsbau. „Wenn wir einen ordentlichen Schub auf dem Wohnungsmarkt wollen, muss die Bundesregierung spätestens zum Wohnungsgipfel mit dem Bundeskanzler am 25. September ein Paket mit Schlagkraft schnüren:

  • die massive Ausweitung des Zinsverbilligungsprogramms der KfW,
  • die Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten,
  • die Absenkung der Grunderwerbsteuer,
  • eine Investitionszulage für öffentliche Wohnungsgesellschaften und
  • die Aussetzung des EH40-Standards bei öffentlichen Förderprogrammen.

„Wichtig für private Haushalte und Investoren sind langfristig verlässliche Rahmenbedingungen. So hat sich zum Beispiel bei den Wärmepumpen die Zahl der Anträge auf Förderung im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahr auf 50.000 halbiert. Dies zeigt, wie eigentlich gut gemeinte, aber schlecht gemachte und kommunizierte Initiativen die Menschen verunsichern“, sagt Müller.

Nicht viel besser sehe es im Nichtwohnungsbau aus. Das Volumen der Neubaugenehmigungen (Baukosten) sei im ersten Halbjahr real um gut 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Aus dem Wirtschafts- und dem Öffentlichen Hochbau sei daher zumindest 2023 keine Entlastung für die Baubetriebe zu erwarten, so Müller.

Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.


ZIA: Die nächsten Wochen bringen den Showdown – es braucht jetzt zwingend einen Neustart der Wohnungsbaupolitik

Die Immobilienwirtschaft bewertet die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts zu den Baugenehmigungen als Beleg für „eine dramatische Zuspitzung der Wohnungsnot, der sich die Politik endlich zwingend mit der nötigen Entschlossenheit entgegenstellen“ müsse.

„Es reicht nicht, die Zahlen aus Wiesbaden Monat für Monat mit Bedauern zur Kenntnis zu nehmen. Jetzt ist nicht die Zeit für Trauerarbeit, sondern für ungebremsten Tatendrang“, kommentiert ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner die aktuelle Statistik. Angesichts der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg Ende August und des Wohnungsgipfels Ende September im Kanzleramt fügt er hinzu: „Die nächsten Wochen bringen den Showdown – es braucht zwingend einen Neustart der Wohnungsbaupolitik.“ Die Bundesbauministerin brauche dabei die „Unterstützung des gesamten Kabinetts – und natürlich auch des Bundeskanzlers“.

Im ersten Halbjahr 2023 wurden der Bau von 135 200 Wohnungen genehmigt – das entspricht einem Rückgang von 27,2 Prozent (50 600 Baugenehmigungen) gegenüber dem ersten Halbjahr 2022. Im Juni dieses Jahres ging in Deutschland die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 28,5 Prozent zurück.

„So schlecht die Zahlen sind, sie zeigen noch immer nicht die ganze Wahrheit, die auf uns zukommt“, betont Mattner. Projektentwickler schlössen oft ihre aufwändige Vorarbeit mit einer Baugenehmigung ab, gebaut werde „dann aber nur, wenn es kein Minusgeschäft ist“. Und das drohe aktuell oftmals. „Leider führt die Summe aller Faktoren und insbesondere die explosionsartig gestiegenen Kreditkosten zum Ruhen dieser Projekte“, erklärt Mattner.

Es gehe jetzt darum, Bauen möglich zu machen. „Der Staat muss auf einen Teil der von ihm am Gut Wohnen verursachten Kosten von etwa 37 Prozent teilweise verzichten – zum Beispiel durch Aussetzen der Grunderwerbsteuer, rigiden Verzicht auf Gewinnabschöpfungsmodelle und neue steuerliche Möglichkeiten, wie sie die Bundesministerin mit der degressiven AfA vorschlägt.“

„Politikerinnen und Politiker im Bund, in den Ländern und den Kommunen müssen diesen Abwärtstrend stoppen“, fordert Mattner. „Oder wollen wir ernsthaft diese finstere Lage für Mieterinnen und Mieter zementieren?“

Die wichtigsten ZIA-Forderungen:

  • Ein großvolumiges „KfW-Kreditprogramm Wohnen“ mit einem Zinssatz von zwei Prozent für Neubauten ab Standard EH 55
  • Ein temporäres Aussetzen der Grunderwerbsteuer auch für Investorinnen und Investoren
  • Eine deutschlandweite Pflicht, 30 Prozent des erforderlichen Zubaus einer Stadt für serielles und modulares Bauen auszuweisen

Quelle: Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)

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