18.12.2024 - Berlin
Das Bundeskabinett hat am 27. November 2024 Entwürfe für ein sogenanntes Vergabetransformationspaket beschlossen. Bundesarchitektenkammer (BAK), Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) beklagen jedoch die darin vorgesehene Aufweichung des Gebots der mittelstandsgerechten Losvergabe. Auch wenn diese Aufweichung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als „Flexibilisierung mit Augenmaß“ bezeichnet wird, befürchten sie in der praktischen Auswirkung letztlich die Abschaffung dieses seit Jahrzehnten bewährten Grundsatzes.
§ 97 Absatz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sieht bislang vor, dass mehrere Teil- oder Fachlose nur dann zusammen vergeben werden dürfen, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll es hingegen zum einen ausreichen, dass diese Gründe eine Gesamtvergabe rechtfertigen. Damit ist eine erhebliche Absenkung der Begründungs- und Dokumentationspflichten verbunden. Zum anderen sollen künftig zeitliche Gründe für die Zulässigkeit von Gesamtvergaben ausreichen. Hierdurch wird der Vorrang der Losvergabe massiv entwertet.
BAK, BIngK und ZDB lehnen daher eine flächendeckende, undifferenzierte Quasi-Abschaffung der mittelstandsgerechten Vergabe mit aller Entschiedenheit ab. Jedenfalls im Bereich des Planens und Bauens muss der Losgrundsatz nicht nur beibehalten, sondern vielmehr gestärkt werden. Dies gilt insbesondere, soweit Gesamtvergaben sowohl die Planung als auch das Bauen erfassen.
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer:
„Öffentliche Auftraggeber werden diese Änderung im Zweifel als vollständige
Freigabe der General- bzw. Totalunternehmervergabe begreifen und hiervon
bedingungslos und umfangreich Gebrauch machen. Die fachlich unabhängigen,
allein dem Auftraggeber und dem Gemeinwohl verpflichteten Planerinnen und
Planer werden damit im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe
unverhältnismäßig benachteiligt. Denn, bei welchem öffentlichen Bauvorhaben
werden sich keine zeitlichen Gründe finden lassen, um von der Losvergabe abzuweichen?“
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der
Bundesingenieurkammer:
„Der Grundsatz der losweisen Vergabe als Regelfall muss unbedingt
beibehalten und die Abweichung davon deutlich begrenzt werden. Daneben muss
eine Entschlackung des Vergaberechts sowie die Einführung eines alternativen
Beschaffungsmodells kleinen und mittelständischen Planungsbüros eine leichtere
Teilnahme am Markt ermöglichen.“
Wolfgang Schubert-Raab, Präsident Zentralverband
Deutsches Baugewerbe:
„Knapp 80 % aller Bauunternehmen in Deutschland haben weniger als 20
Mitarbeiter, etwa 96 % der Bauunternehmen weniger als 50 Mitarbeiter. Genau
diese Unternehmen stellen den Adressatenkreis einer mittelstandsgerechten
Auftragsvergabe dar. Der Vorrang der Losvergabe sichert ihnen bislang den
unmittelbaren Zugang zu öffentlichen Aufträgen und schafft damit einen breiten
Wettbewerb. Mit diesem Gesetzentwurf wird die Auftragsvergabe konzerngerecht –
zu Lasten heimischer Unternehmen und ihrer Beschäftigten.“
Jahrelange Unsicherheit vorprogrammiert
Gegen die geplante Reform des Vergaberechts spricht außerdem, dass derzeit eine Reform der EU-Vergaberichtlinien erarbeitet wird. Parallel hierzulande eine Reform des Vergaberechts anzustoßen, kurz bevor es auf der Grundlage neuer europäischer Vorgaben ohnehin überarbeitet werden muss, ist kontraproduktiv und wird zu jahrelanger Unsicherheit führen.
Eine mittelstandsfeindliche Vergabe betrifft nicht nur die fast 200.000 Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen, Stadtplaner und Ingenieure, sondern ebenso zahllose kleine und mittlere Betriebe der Bauwirtschaft und des Handwerks.
BAK, BIngK und ZDB fordern geschlossen, dass die geplante Gesetzesänderung nicht in dieser Form umgesetzt wird, sondern es beim Planen und Bauen beim bewährten Prinzip der losweisen Vergabe bleibt.
Quelle: BAK,
BIngK und ZDB, Fotos: Coloures-Pic / AdobeStock, BAK,
BIngK, ZDB
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